Sonderheft 4, Oktober 2005
Grundvoraussetzung für jede Auseinandersetzung mit Filmen ist die Möglichkeit, sie zu sehen. Aber welche Filme bekommen wir noch zu sehen – und unter welchen Bedingungen? Welcher Begriff von Öffentlichkeit prägt die gegenwärtige audiovisuelle Kultur? Welche kulturelle Vielfalt vermag diese überhaupt zu garantieren? Fragen, denen kolik.film #4 unter verschiedenen Gesichtspunkten nachgeht.
Zum einen im Dossier „Wem gehören die Bilder?“. Die Themen Copyright und digitale Filmpiraterie, die Frage nach legitimer Urheberschaft auf ein Filmwerk sowie die Grenzen zwischen privatem Besitz und öffentlichem Raum werden entlang von Essays, einem offenen Brief und einem Interview verhandelt. Dabei fällt auf, dass die Frage, was man zu sehen bekommt, immer mehr zum Gerichtsfall oder zum Politikum wird.

Eine andere Form, der Sichtbarkeit „kleiner“, unabhängiger Kinoentwürfe Sorge zu tragen, stellen Filmfestivals und Retrospektiven dar; auf solchen lernten wir in diesem Jahr drei eigenwillige Filmemacher aus Asien kennen und schätzen: den philippinischen Regisseur Lav Diaz, der mit seiner jüngsten zehnstündigen Arbeit Ebulusyon ng isang pamilyang pilipino/Evolution of a Filipino Family alle Gattungen sprengt; den thailändischen Filmemacher Apichatpong Weerasethakul, der mit Sud Pralad/Tropical Malady einen der bildermächtigsten Filme der letzten Jahre vorgelegt hat; und schließlich den Japaner Tomu Uchida – einen Maverick des japanischen Studiosystems, der im Westen noch kaum bekannt ist. Drei individuelle Positionen und Werke, die für die Originalität des asiatischen Kinos stehen. Ihrem Schaffen ist ebenfalls ein Dossier gewidmet.

Was gibt es noch? Neue österreichische Filme, derer fünf im vorliegenden Heft besprochen werden; neue Bücher – über Orson Welles, den Kurzfilm sowie über das Melodrama –, die wir, in Fortführung unserer Auseinandersetzung mit einer „Filmvermittlung“ gelesen haben. Am Ende findet sich noch ein „Vermischtes“, in dem die Toten nicht zur Ruhe kommen – in den anklagenden Bildern der befreiten Konzentrationslager, von denen der Filmhistoriker Thomas Tode spricht, in Gestalt von George Romeros Zombies und ihren untoten Freunden oder in einer retrospektiven Durchsicht jener Fernsehbilder, mit denen Österreich 2005 audiovisuell seiner selbst gedacht hat.

Die Redaktion - Wien, Oktober 2005

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