Sonderheft 9, März 2008
„Das Internet leistet doch unschätzbare Dienste.Ich muss als Filmemacher ja nicht mehr den Oberlehrer spielen,der Ihnen lexikalisches Wissen beibringt. Jeder kann sich das mit Tastenklick beschaffen, warum sollte ich darauf mein Filmmaterial verschwenden? Insofern ist das auch ein Rückgriff auf das, was Kino einmal war. Die Brüder Lumière entsandten Kameraleute in die ganze Welt, um Bilder zu sammeln, um herauszufinden, wie es anderswo aussieht. Das kann ich jetzt wieder tun, ohne diesen Pädagogenbombast, ohne auszudefinieren und zu interpretieren.“

Der deutsche Filmemacher Heinz Emigholz stellt diesen Bezug zwischen jüngeren medialen Entwicklungen und den Anfängen des Kinos in einem Gespräch her, welches Stefan Grissemann anlässlich von Emigholz’ aktuellen Filmen über österreichische Architekten mit ihm geführt hat. Nicht nur über deren Entstehung und Emigholz’ Zugang zum filmischen Umgang mit „architektonischen Tatsachen“ erfährt man darin einiges.

Darüber hinaus fügt Emigholz’ Bemerkung zum Internet unserem Dossier, das sich zum Auftakt dieses Hefts mit „Film im Netz“ beschäftigt, gleich wieder eine neue Facette hinzu. Bei „Film im Netz“ geht es zum Beispiel darum, wie Filmemacher, von Zelluloid und Magnetbandaufzeichnung kommend, sich im Netz neu positionieren und umtun. Weiters haben sich die AutorInnen aber auch mit dem Internet als Tool und als neuem Produktions- und Rezeptionszusammenhang auseinander gesetzt. Und immer wieder stellt sich die Frage nach der Verfügbarkeit von Filmen im Netz, die für manche im Fantasma eines „Himmlischen Multiplex“ kulminiert (welches hier wiederum gründlich entzaubert wird).

Die Bewegung mit und zwischen unterschiedlichen Medien charakterisiert auch das Dossier zur Filmvermittlung und dessen ProtagonistInnen Hans Scheugl, Hito Steyerl und die Initiatorinnen von „Splice In“. Ein anderer „Rollenwechsel“ betrifft jenen vom Film über die VHS-Cassette zur DVD und die spezifischen Erfahrungen (und Beschränkungen), die sich daran knüpfen – unter anderem überprüft anhand von aktuellen DVD-Neuerscheinungen.

Weiters stellen wir den österreichischen Digitalfilmemacher Norbert Pfaffenbichler vor und kommen schließlich doch noch im Kino an: mit Beiträgen zu Sean Penns Zivilisationsfluchtdrama Into The Wild, zu Falco – Verdammt, wir leben noch! und verwandten zeitgenössischen Musik(er)filmen und zu Götz Spielmanns feinmaschigem Provinzdrama Revanche.

Die kolik.film erscheint äußerlich leicht verändert weiterhin zweimal jährlich gedruckt auf Papier.


Unser nächstes Heft erscheint im Oktober 2008.

Die Redaktion - Wien, April 2008

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