Das Verhältnis zwischen Filmemacher und Produktionsdesigner ist für das Aussehen eines Films, seinen Look, entscheidend. Da es für die Umsetzbarkeit spezifischer Setdesign-Vorstellungen ein besonderes Einverständnis braucht, erstrecken sich entsprechende Kollaborationen oft über mehrere Filme hinweg. Dennoch kommt man in der kritischen Auseinandersetzung auf diesen empfindlichen Bereich in der Realisation einer Arbeit kaum zu sprechen. Selbst im Vergleich zu Kamera oder Schnitt ist Produktionsdesign, was ein oft ungenau definiertes Spektrum zwischen Ausstattung, Settings und Architektur umfasst, ein vernachlässigter Produktionsschritt in der Reflexion. Nur wenige Vertreter dieser Zunft wie der US-Amerikaner Jack Fisk, der für Terrence Malick, David Lynch oder Paul Thomas Andersen gearbeitet hat, haben es zu einem gewissen Star-Status geschafft.
Nach dem Fokus auf Kamera oder Produktion in früheren Heften widmen wir uns in dieser Ausgabe drei Produktionsdesignern, deren Arbeit wiederum eng mit Filmemachern verbunden ist, die wir besonders schätzen. K. D. Gruber besorgt das Szenenbild für den deutschen Regisseur Christian Petzold, dessen Filme gerade aus dem Wechselspiel zwischen realen Schauplätzen und der Artifizialität des filmischen Blicks ihren großen Reiz entfalten. Die Französin Katia Wyszkop bewegt sich in ihrer Arbeit zwischen vielfältigen ästhetischen Polen. Wir haben uns besonders für ihre Entwürfe für Bertrand Bonello, Maurice Pialat und Rebecca Zlotowski interessiert und sie dazu befragt. Ein Porträt des US-amerikanischen Produktionsdesigners Adam Stockhausen, der etliche von Wes Andersons Filme mitgestaltet hat, rundet diesen Schwerpunkt ab.
Auf dem Sektor Fernsehserie haben wir uns diesmal für spezielle Formen interessiert: Um die „Televisualität der Miniserie“ geht es in einem Überblickstext, zwei US-amerikanische Beispiele dafür, American Crime und Show Me A Hero, werden genauer betrachtet. Ward Pendletons postapokalyptische Zeichentrickserie Adventure Time sowie der von Rick Cohen, Mick Jagger und Martin Scorsese erdachte Musikindustrie-Serie Vinyl gelten weitere Auseinandersetzungen. Hong Sang-soo verkörpert eine eigenwillige Position im gegenwärtigen Autorenkino: Der koreanische Filmemacher veröffentlicht seit zwanzig Jahren in schöner Regelmäßigkeit Arbeiten, die ein recht überschaubares Set an Figuren, Milieus und Situationen auf sehr hintergründige Art variieren: Zum einen haben wir uns dieses Oeuvre ausgehend von Hongs jüngstem, 17. Langfilm Right Now, Wrong Then näher angesehen. Zum anderen stellte sich der Regisseur per Email einem Interview. Im Vermischten werden unter anderem die Langzeitbeobachtungen der tschechischen Dokumentaristin Helena Třeštíková und die experimentellen Miniaturen der US-Amerikanerin Rebecca Meyers vorgestellt.
Im traditionellen Österreich-Teil fällt auf, dass sich etliche Filmschaffende an für sie ungewohnte Genres wagen: So arbeitet Ruth Beckermann in ihrem neuen Film mit narrativen Elementen, während Kurdwin Ayub ihren ersten abendfüllenden Dokumentarfilm vorgestellt hat. Patric Chiha eignet sich dagegen in seiner neuen Arbeit Mittel des Spielfilms innerhalb eines dokumentarischen Zusammenhangs an.
Am 28. Februar ist die Filmwissenschafterin, Kuratorin, Autorin und Filmvermittlerin Elisabeth Büttner in Wien gestorben. Sie war schon lange vor ihrer Berufung zur ersten Professorin für Filmtheorie ans TFM der Uni Wien im Jahr 2007 eine markante, intellektuell brillante Erscheinung in der heimischen Filmcommunity. Und sie wirkte mit ihren Publikationen – stellvertretend seien die gemeinsam mit Christian Dewald konzipierten und erarbeiteten Bände zur Geschichte des österreichischen Films, Anschluss an Morgen und Das tägliche Brennen, erwähnt – auch weit über diese hinaus. In drei Texten erinnern wir an eine geschätzte Kollegin und unschätzbare Freundin.
Die Redaktion
Wien, im April 2016